Lipperland ist Baseballland

Pushen in der Provinz

von Thorsten Waterkamp
Gäbe es so etwas wie eine rote Liste für bedrohte Sportarten, hätte der deutsche Baseball 1973 ganz oben gestanden. Nicht einmal ein Finale um die deutsche Meisterschaft war damals möglich: In der Schlaghosen-Zeit der Flower-Power-Ära gab es in der Republik nur noch einen Baseballclub, im badischen Artenschutz-Reservat VfR Mannheim. Die Schlaghosen sind in den 90-er Jahren zurück gekehrt, der Baseball ebenso: NRW ist heute das Eldorado dieses US-Sports. Und auch Lipperland ist Baseballland.

Lemgo ist ein Vierteljahrhundert nach dem deutschen Beinahe-Exitus des US-Sports das lippische Baseball-Zentrum. Ein ambitioniertes: „Was die Wizards machen, wird sehr wohlwollend betrachtet“, sagt der Geschäftsführer des NRW-Verbandes, Andreas Bernhard. Vier Jahre nach der Fusion der TBV-Wizards und der TV-Mad-Dogs zu den TV-Wizards rennen die Lemgoer mit einer Idee offene Verbandstüren ein: die NRW-Pokalspiele im Ballpark Vogelsang. „Wenn die Bewerbung kommt, besteht eine realistische Chance“, würde Andreas Bernhard Lippe den Vorzug vor den Hochburgen Köln und Bonn geben. Wizards-Pressewart Axel Moll kennt die Strategie: „Pushen in der Provinz.“

Das ist nötig: Denn die Zeiten extremer Steigerungsraten sind passé. Aus der Mannheimer Keimzelle heraus fanden sich bundesweit bis 1987 wieder etwa 1000 Mitglieder in den Vereinen. Die Zahl explodierte in den frühen, fetten Neunzigern: 1990 waren es 6113, vier Jahre später 15 244, zum Stichtag 31. Dezember ’97 23 455 gemeldete Clubangehörige. Etwa ein Viertel kommt aus NRW, die Altersklasse 15 bis 26 Jahre macht zwei Drittel aller Mitglieder aus. „Im Herrenbetrieb ist ein Sättigungsgrad erreicht“, weiß der 35-jährige Bernhard allerdings. Steigende Zahlen erwartet er nur noch im Damen- und Jugendbereich.

Diese Auffassung teilt Jörg Wehmeier, der Geschäftsführer und Spielertrainer der Nightshift-Pitcher Bad Salzuflen: „Es stagniert, da kommt nicht mehr viel.“ Jetzt geht es vielmehr um Konsolidierung.

Die Wizards machen diesen Schritt mit einer Jugendmannschaft ebenso wie der mit neun Jahren älteste lippische Baseballclub, die Lagenser Sliders. Die Berlebeck Hawks dagegen gelten mit zwei Softballteams als Hochburg der weiblichen Baseballvariante.

Der Verband forciert – in Kooperation mit der amerikanischen Major League – derweil ein „Pitch-Hit- and-Run-Programm“, das Schulen leihweise ein Grundpaket mit Ausrüstungsgegenständen anbietet. 1997 sind 100 Sets herausgegangen. Bernhard: „Jetzt haben wir noch 20, 25 auf Halde liegen.“

Werbung tut Not, haben auch die Lemgoer längst erkannt. Sie beherrschen die PR-Klaviatur – vor Spielen werden bis zu 1000 Handzettel verteilt. Erfolg: Im Schnitt 150 Zuschauer sehen die Spiele. Auf den nächsten Wizards-Flyer spielt übrigens ein TBV-Bundesligahandballer den Lockvogel: Daniel Stephan wird am 2. Mai den ersten Pitch im ersten Verbandsligaheimspiel machen.

 

Wurfvarianten

FORKBALL
forkball
Zeige- und Mittelfinger werden gabelförmig entlang der Ballnähte angelegt. Dadurch erhält der Ball eine Vertikal-Längsdrehung, die ihn plötzlich in die Strikezone herunterfallen lässt. Der Ball kann aber auch innerhalb der Strikezone eine Rechts- oder Linkskurve beschreiben. 


SLIDER
slider
Eine Art Fastball, der jedoch 
kurz vor der Strikezone seine Flugbahn ändert. Profis der Major League bezeichnen 
den Slider als den am schwersten zu schlagenden Wurf. Für den Pitcher jedoch ist er einfach zu erlernen. 

FASTBALL
fastball
Einer der Standardwürfe; er wird mit äußerster Arm- und Körperkraft ausgeführt. Die Hand umschließt den Ball, der Zeigefinger liegt an der Naht bzw. quer zur Naht zur besseren Kontrolle an. Der Ball beschreibt einen reinen Geradeausflug. Bei Radartests  wurden Geschwindigkeiten von bis zu 180 km/h gemessen. 

KNUCKLEBALL
knuckleball
Verursacht einen flatternden 
Flug des Balles. Die Fingernägel der Wurfhand halten den Ball, während die Knöchel an der Quernaht angelegt werden. Mittlere Wurfgeschwindigkeit, da der Griff eine Ballkontrolle nur äußerst eingeschränkt zulässt.

 
Baseball-ABC
 
BASE HIT
Geschlagener Ball (Hit), der dem loslaufenden Schlagmann die Möglichkeit gibt, das nächste Base zu erreichen. 

BASE
Die drei Eckpunkte des Spielfeldes, die vom Läufer auf seinem Weg zurück zum Schlagmal zu berühren sind. 

BATTER
Spieler des Offensivteams, die nach unveränderlicher Reihenfolge als Schlagmann zum Einsatz kommen.

CATCHER
Spieler des Defensivteams, der hinter dem Batter kniet und versucht, die vom Batter verfehlten Bälle zu fangen.

HOME BASE
Fünfeckige Platte, hinter der der Fänger kniet. Um zu punkten, muss der Läufer diese Platte erreichen. 

HOME RUN
Ball, der vom Schlagmann bis ins Außenfeld geschlagen wird, so dass er bis zum Home Base durchlaufen kann.

INNING
Abschnitt des Spiels, nach der je drei Spieler beider Teams geschlagen haben. 

OUT
„Aus“-Situation durch: 
A) drei Strikes 
B) ein Flugball wird vom Defensivteams aus der Luft gefangen
C) ein geschlagener Ball wird vom Defensivteam vor dem Läufer zu einem Mal gebracht 
PITCHER
Der Spieler des Defensivteams, der einer festgelegten Reihenfolge nach den Ball wirft.

STRIKE
Ball, der in eine imaginäre Zone (Strike Zone) zwischen Knie- und Achselhöhe des Batters geworfen wird.

 D) ein Defensivspieler im Ballbesitz berührt einen Läufer, ehe der das Base erreicht 
E) ein Läufer wird unterwegs von einem Ball getroffen.

WALK
Freilauf für den Schlagmann, wenn der gegnerische Werfer viermal mit dem Ball die Strike Zone verfehlt hat.

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