"Wenn man ins Wasser geworfen wird, schwimmt man halt."
Julia Husemann

"Wir schicken
nur noch 'ne
Postkarte"

HSG deklassiert desolaten TV Mainzlar

Von Thorsten Waterkamp

Dirk Leun reagierte spöttelnd: „Nächstes Jahr kommen wir gar nicht erst, wir schicken nur noch ’ne Postkarte.“ Der Trainer des TV Mainzlar war bedient. Wie im Vorjahr präsentierte sich sein Team an der Ulmenallee desolat, während die HSG Blomberg-Lippe ihren Spaß hatte mit dem Lieblingsgegner. Mit 27:19 (14:8) und einer der besten Leistungen der vergangenen Monate warfen die Lipperinnen gestern den Gast aus der Halle – und sich selbst auf Rang sechs der Bundesliga.

Vielleicht sollte Leun Ernst machen mit dem Gedanken an den postalischen Weg: Der wäre zumindest gestern der bessere gewesen für sein Ensemble und ganz speziell für die Leistungsträgerinnen Emilia Luca und Monika Ludmilova, die als Führungsspielerinnen das Mainzlarer Desaster in weiten Teilen zu verantworten hatten. Leun war stinksauer: „Frau Luca bewegt sich nicht. Und dann haut sie drauf, da wird mir schlecht.“ Allerdings hielt er in der zweiten Hälfte am Totalausfall Luca fest und beorderte statt dessen die zumindest in Ansätzen akzeptabel spielende Ludmilova auf die Bank. Luca sei nun mal seine einzige Linkshand, begründete Leun die Maßnahme wenig überzeugend.

Dagegen herrschte bei der HSG eitel Sonnenschein, nachdem sich das Team - wie lange nicht mehr gesehen - als Einheit präsentierte. Allen voran dominierte Kreisläuferin Janet Grunow. Die 26-Jährige avancierte zur Führungsspielerin par excellence und bot in allen Belangen eine Vorstellung auf internationalem Niveau.

Nur in der Anfangsphase offenbarte die HSG Schwächen im Abschluss, die Mainzlar zur 5:2-Führung nutzte (11.). Doch schon zu diesem Zeitpunkt deutete sich der spätere Verlauf an: Denn gegen die aggressive 6:0-Deckung der Blombergerinnen geriet der Gästeangriff zu Stückwerk. Vor allem die erfahrene Luca wurde düpiert, wenn ihr der Ball ein ums andere Mal aus der Hand gespielt wurde.

Nach 18 Minuten hatte die HSG zum 6:6 egalisiert, doch die Krönung der ersten Hälfte folgte in den letzten fünf Minuten. Von 9:8 setzten sich die Blombergerinnen auf 14:8 ab. Damit war die Vorentscheidung gefallen.

Im zweiten Abschnitt degradierten die Lipperinnen das Team aus Hessen zum Spielball. Bis zu elf Tore betrug der Vorsprung. Dass es nicht wie beim 29:16 im Vorjahr einen Rekordsieg gab, lag an einigen Unkonzentriertheiten in der Schlussphase, die der Gast zu vier Treffern in Folge zum 17:24 nutzte.

Obwohl Janet Grunow die Topleistung des Tages bot, war der Sieg ausschließlich ein Erfolg des Teams, das ausgezeichnet harmonierte. Grunow: „Das Wichtigste war, dass wir eine absolute Mannschaftsleistung gebracht haben.“ Glücklich war auch Torfrau Julia Husemann, die erneut ohne die Sicherheit einer Ersatzkeeperin auskommen musste: „Das war etwas anstrengend. Aber wenn man ins Wasser geworfen wird, schwimmt man halt“, strahlte die 20-Jährige.

Trainer Lutz Müller genoss seinen ersten Bundesligasieg still: „Ich habe nicht zuviel versprochen: Das war Handball mit Herz.“ Dabei war der 28-jährige Coach ziemlich nervös vor der Heimpremiere: „Ich hatte weichere Knie als so manche Spielerin, weil die Bundesliga für mich einfach eine neue Welt ist.“ Den Rat seines A-Schein-Lehrgangskollegen Leun, das Spiel nicht zu hoch zu bewerten, hatte Müller längst verbucht: „Das ist mir klar.“


 
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