"Ich war total nervös."
Sylvia Dorna

Ende gut,
alles gut?

HSG schafft Klassenerhalt und muss dringend in frische Kräfte investieren

Von Thorsten Waterkamp

Kein Nervenflattern, kein Bangen, kein Endspiel: Die HSG hat mit einem verdienten 24:19 (11:7) gegen die SG Minden den Klassenerhalt unter Dach und Fach gebracht und kann sich nun auf ihre sechste Saison in der Frauenhandball-Bundesliga vorbereiten. Während die Mannschaft ihre Hausaufgaben gemacht und dem Publikum vorgelegt hat, warten die Fans nun auf die des Managers - schließlich verliert die HSG durch Abgänge erneut ein riesiges handballerisches Potenzial.

Noch vor dem Anpfiff gegen Minden war offen, ob die Saison wie im vergangenen Jahr in der Relegation enden würde. Bei einer Blomberger Niederlage und einem Hersfelder Sieg in Trier wäre es am letzten Spieltag zum finalen Duell zwischen den Hersfelderinnen und der HSG gekommen - Voraussetzungen, die vor dem Minden-Spiel durchaus an den Nerven der Akteurinnen nagten. Spielführerin Sylvia Dorna tat sich schwer mit der Anspannung: "Ich bin heute Morgen hin und her gelaufen, ich war total nervös."

Sie durfte nach den 60 Minuten, die zu einem verhältnismäßig einfachen Sieg führten, ebenso aufatmen wie die 700 Zuschauer an der Ulmenallee. Nur beim 1:0 gingen die Gäste in Front - anschließend hatte Minden dem Spiel der deckungsstarken Gastgeberinnen wenig entgegen zu setzen. Das 5:2 nach acht Minuten gab früh die Tendenz vor, die zu keiner Phase der Partie mehr gebrochen werden sollte. 

Blomberg agierte zu kämpferisch für eine Mindener Auswahl, die häufig unkonzentriert agierte und schwach abschloss. HSG-Torfrau Anna Szymanska hatte mit einem Großteil der Würfe keine Probleme und ergänzte ihre Leistung mit zwei,  drei Glanzparaden. Der einzige Vorwurf, der dem Blomberger Team zu machen war, bezog sich auf den eigenen Abschluss. Immer wieder versäumten es die Gastgeberinnen trotz unzähliger Gelegenheiten bereits im ersten Abschnitt, auf mehr als vier, fünf Tore davonzuziehen. Die frühzeitige Entscheidung verzögerte sich  - erst als die HSG zwischen der 37. und 43. Minute die Führung von 13:10 auf 18:11 vergrößerte, nahm der bevorstehende Klssenerhalt immer stärker Konturen an.

Für Manager Harald Wallbaum dürfte die verhinderte Relegation doppelte Erleichterung bedeuten: Erst einmal die Tatsache des Klassenerhalts an sich, und zweitens die Planungssicherheit für die kommenden Saison. Im vergangenen Jahr noch waren ihm bis nach dem Ende der Zitterrelegation Mitte Mai weitestgehend die Hände gebunden, als er sich nach Neuzugängen umsah. Ein paar Wochen mehr sind's diesmal schon, die er zur Verfügung hat - und sie sind dringend nötig.

Denn mit Nationalspielerin Janet Grunow (Dortmund), Spielführerin Sylvia Dorna (beruflich bedingte Pause) und Jung-Nationalspielerin Nadine Krause (Leverkusen) verliert der Klub erneut großes handballerisches Potenzial. Die rumänische Rückraumspielerin Luminita Buhneci (Frankreich), die sich im Training zwar als Spitzenkraft entpuppte, diese Leistung im Spiel aber nie beständig umsetzen konnte, ergänzt die Liste der diesjährigen Abgänge. Inklusive der Spielerinnen, die die HSG im vergangenen Jahr verlassen haben -darunter befanden sich so starke Akteurinnen wie Heike Ahlgrimm, Marion Heiser, Andrea Surholt und Alexandra Gräfer - hat die HSG quasi ein komplettes Team verloren. Und zwar nicht irgendeins: Diese Mannschaft der Abgänge würde vom Potenzial her um einen Mittelfeldplatz in der Bundesliga mitspielen können.

Entsprechend benötigt der Klub frische Kräfte, kann aber derzeit nur auf einen Neuzugang verweisen. Christine Voigt, zweite Kreisläuferin beim Absteiger Germania List. Gesucht werden auch Ergänzungsspielerinnen, vor allem aber Erfahrung und Führungsqualität. Trainer Lutz Müller: "Man muss aufpassen, dass man nicht ausblutet." Manchmal beißt sich da die Katze in den Schwanz. Nadine Krause beispielsweise wäre gerne in Blomberg geblieben. "Wenn eine gute Spielerin gekommen wäre", sagte ihr Vater Jürgen Krause, hätte sich das möglicherweise größte deutsche Handballtalent für die HSG entschieden. Jetzt geht es nach Leverkusen.