Exodus der
Spitzenkräfte
Nadine Krause zu Leverkusen/Sylvia Dorna pausiert

Von Thorsten Waterkamp

Der HSG steht ein Exodus ihrer Spitzenkräfte bevor. Nachdem Kreisläuferin Janet Grunow bereits Anfang Februar ihren Wechsel zu Borussia Dortmund bekanntgegeben hatte, hat nun auch Nadine Krause ihren Weggang angekündigt. Das Rückraumtalent, dem Angebote zahlreicher Bundesligaklubs vorlagen, gab Bayer Leverkusen den Zuschlag. Außerdem will Spielführerin Sylvia Dorna pausieren. 

Nadine Krause, die am 25. März 19 Jahre alt wird, war vor knapp zwei Jahren an die Ulmenallee gekommen und hatte als 17-Jährige einen wesentlichen Anteil am Klassenerhalt der HSG in der vergangenen Saison. In diesem Spieljahr steht die Rückraumschützin hinter Grit Jurack als zweitbeste deutsche Werferin der Liga in der Torschützenliste. Krause wird in Blomberg noch ihr Abitur bauen, ehe sie nach Leverkusen geht.

Auch wenn die Fälle nicht direkt miteinander zu vergleichen sind, so lassen sich beim Krause-Weggang doch Parallelen zu Saskia Mulder erkennen. Zwar verließ die holländische Weltklasse-Rechtsaußen die HSG 1999, damit sie frei war für die niederländische Nationalmannschaft, die ihre Spielerinnen über Monate zur WM-Vorbereitung zusammengezogen hatte. Allerdings kam auch Mulder mit 17 Jahren nach Blomberg, entpuppte sich als Glücksgriff, war aber letztlich nicht zu halten. Eine mögliche Rückkehr nach der holländischen WM-Pleite - die Oranjes hatten bei der WM die Qualifikation für die Olymüischen Spiele verpasst, die Spielerinnen durften wieder zu Vereinen wechseln - platzte ebenfalls. Mulder ging nach Dänemark zu GoG Gudme.

Neben besseren sportlichen Perspektiven, die sich Mulder in Gudme und Krause in Leverkusen eröffnen, darf vermutet werden, dass die finanzielle Seite ein übriges zum Wechsel beider Akteurinnen tat. Der HSG, die ihren Etat vor Saisonbeginn um 25 Prozent auf 450000 Mark reduziert hatte, fehlen die Mittel, selbst im eigenen Verein gereifte Spitzenspielerinnen zu halten. Der Klub aus Lippe ist - so scheint es der Abgang Krauses zu belegen - nur mehr Zwischenstation und Sprungbrett für Talente, nicht aber Pespektive für sportliche Erfolge. Die Verantwortlichen haben das schon vor zwei Jahren erkannt, die nach dem Aufstieg 1996 formulierte Zielvorgabe "Europapokal 2000" ist längst in einer vergessenen Schublade verstaubt.

Für die Bundesligamannschaft steht in der kommenden Saison auch Sylvia Dorna - zumindest zunächst - nicht mehr zur Verfügung. Die 23-jährige Linksaußen hat laut Manager Harald Wallbaum um eine Freistellung gebeten, die ein halbes Jahr dauern soll. Dornas Entschluss habe berufliche Gründe - die Doppelbelastung mit Arbeitsstelle bei der Sparkasse und täglichem Training sei ihr zuviel geworden. Sie sei "mental völlig platt", hieß es aus Blomberg. Die Spielführerin, die neben Janet Grunow die letzte Spielerin aus der Blomberger Aufstiegsmannschaft von 1996 ist, wird in der Hinrunde der kommenden Saison in der HSG-Reserve (Oberliga) auflaufen.

Da auch Janet Grunow den Verein verlässt, hat die HSG nach dem Weggang von Heike Ahlgrimm im vergangenen Jahr binnen zwölf Monaten alle deutschen Nationalspielerinnen in ihren Reihen verloren. Zuletzt spielten noch Kreisläuferin Grunow bei den Frauen und Krause (Frauen/Juniorinnen) im DHB-Dress.

Neuzugänge gibt es noch keine. Da Trainer Lutz Müller allerdings bereits in dieser Saison mit einem äußerst dünn besetzten, bundesligatauglichen Kader arbeiten musste, steht der Klub nach den jetzigen Abgängen unter Zugzwang. Denn nur mit Ergänzungsspielerinnen wird sich aus dem verbleibenden Kader keine Mannschaft aufbauen lassen, die den Ansprüchen der ersten Liga genügt. Bleibt die Hoffnung auf ein Super-Schnäppchen, wie es ehedem mit Mulder oder Krause gelang. Da wurden Manager Wallbaum und Trainer Müller allerdings kürzlich bitter enttäuscht: Die A-Jugend-Nationalmannschaft, in vergangenen Jahren Blomberger Fundus für Talente, ließ das HSG-Duo nach schwacher Vorstellung ratlos zurück.

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