Rettung auf
Rädern?

Wie neun Antihelden ein Attentat auf Jan Ullrich verhindern wollen


Norbert Klugmann:
Tour der Leiden

Rowohlt Taschenbuch Verlag 
202 Seiten
ISBN: 3-499-43324-9
9,90 Mark

Von Thorsten Waterkamp

In den Alpen trennt sich die Spreu vom Weizen. Sportreporterlatein in den Tagen der Tour de France, dieser unter dem verharmlosenden Begriff „Rundfahrt“ firmierenden Tortour des internationalen Radsports. 1997 fuhr mit Jan Ullrich erstmals ein deutscher Pedaleur das maillot jaune, das Gelbe Trikot, nach Hause - ein Jahr später wollen Fanatiker die Titelverteidigung mit allen Mitteln verhindern.

Die Rettung naht auf Rädern. In Uelzen startet eine neunköpfige Gruppe, die die härtesten Etappen der Tour in den Alpen live und ohne Werbepausen sehen will. Hobbyradsportler allesamt. Und Antihelden: Neid, Arroganz, geistige Schlichtheit – jeder Protagonist hat sein Päckchen geschnürt, das der Harmonie im Wege steht.

Nur eins eint sie: der Wille, ihren Helden im Magentadress zu retten. Denn kurz vor der deutsch-französischen Grenze belauschen sie ein Gespräch, in dem es offenkundig um ein Attentat auf Jan Ullrich geht. Voraussichtlicher Tatort: der Galibier, ein Alpengipfel, auf den die härteste Etappe der Tour führt. Dort, wo sich die Spreu vom Weizen trennt.

Klugmann beschreibt seine Antihelden aus Uelzen – übrigens der Wohnort des Autors – und deren Kleingeistigkeit bissig ironisch. Immer wieder eingeflochten: Szenen aus der Tour, als säße man am französischen Straßenrand. Oder im heimischen Sofa vor der Glotze – nur ohne die nervigen Kommentare distanzloser Kommentatoren. Alle sind dabei: Ullrich, Pantani, Zabel, der verrückte Fan, der als Teufel mit seinem Dreizack schon tausendfach über den Bildschirm flimmerte.

Immer enger zieht sich die Schlinge, aber um wen? Um Ullrich? Um seine Beschützer, die mal den Verschwörern unwissend gegenüberstehen, mal sich ins mobile Medienzentrum des Tour-Trosses einschleusen? Hin- und hergerissen zwischen Faszination und Hilflosigkeit.

Die Spreu trennt sich vom Weizen, nicht erst auf dem Galibier. Die Zahl der Beschützer schrumpft, ein Abgesang wie bei den zehn kleinen Negerlein. Doch erst hoch oben in den Alpen fällt die Entscheidung. Als die Fahrer das Etappenziel auf dem Galibier erreicht haben, ist das Rennen noch beendet...

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