Neuanfang nach
Imageschaden

Bundestrainer Leukefeld benötigt Zeit und schnelle Erfolge

Von Thorsten Waterkamp

Der Mann ist gelernter Bergbautechnologe. Vielleicht nicht das Schlechteste für jemanden, der den deutschen Frauenhandball wieder auf jene Gipfel führen soll, die gemeinhin mit Weltspitze beschrieben werden. Dago Leukefeld (Foto), seit zwei Wochen Bundestrainer der bei der WM kläglich gescheiterten DHB-Frauen, steht vor einem Berg von Arbeit.

Den Glückwunsch zum neuen Job erwidert der 36-Jährige lakonisch. "Wünschen Sie mir lieber Glück. Ob’s ein Job zum beglückwünschen ist, wird man erst in einigen Monaten oder Jahren sehen." Womit Leukefeld zweierlei betont. Erstens: die Schwere seiner Arbeit. Und zweitens: die Hoffnung, trotz der Notwendigkeit kurzfristiger Erfolge Zeit zu haben.

Tatsächlich geht es um nicht weniger als den internationalen Neubeginn für den deutschen Frauenhandball, der sechs Jahre nach dem Weltmeistertitel von Oslo und zwei Jahre nach der WM-Bronze von Berlin den olympischen Offenbarungseid geleistet hat. 1997 war in der Fachjournaille noch ein "steter Höhenflug" hinterfragt worden. Die Antwort 1999: Platz sieben, Sydney verpasst, Bruchlandung.

Also alles von vorn. Nach dem Abschied der alten Garde, auf die Leukefelds Vorgänger Lothar Doering setzte, vollzieht der neue Bundestrainer zwar keinen totalen Umbruch – dennoch wird es wesentliche Änderungen geben. "Völlig umgekrempelt wird die Mannschaft auf keinen Fall. Aber die Mischung auf den Positionen muss besser werden." Will heißen: Leukefeld sucht nach personellen Varianten für jede Position, um auf verschiedene gegnerische Spielsysteme konkret reagieren zu können.

Paradebeispiel dafür: die neue Rückraummitte. Die Dortmunderin Franziska Heinz (27), unter Doering aussortiert, soll Leukefelds "Schlüsselspielerin" werden. Als Alternative hat der gebürtige Erfurter einen ehemaligen Schützling von der HSG Herrentrup/Blomberg in die Nationalmannschaft zurück geholt: Heike Ahlgrimm. Anders als Heinz sei sie eine Kollektivspielerin. "Heike wird sich jetzt international beweisen müssen", erwartet der Bundestrainer einiges von der 25-Jährigen. Auch die Mindener Linksaußen Anika Schafferus kommt unter Dago Leukefeld wieder zu Nationalmannschaftsehren.

Auf Rückhalt kann Leukefeld augenscheinlich bei seinen Trainerkollegen in der Bundesliga hoffen. Renate Wolf (Leverkusen), Michael Wolf (Dortmund), Maik Nowak (Leipzig) und nicht zuletzt Mindens Trainer Dieter Löffelmann sehen in Leukefeld den richtigen Mann für das Nationalteam. Der fordert gleich Gegenleistung ein: "Die Bundesliga muss mit ins Boot. Es geht nur gemeinsam."

Die ersten Bewährungsprobe steht bereits vom 10. bis 12. März beim Vierländerturnier in Neubrandenburg an, wo neben Weltmeister Norwegen auch der Olympiasieger Dänemark und der WM-Fünfte Polen warten. Bereits im April geht es gegen Kroatien um die EM-Qualifikation – wenig Zeit für einen Neuanfang.

Auch wenn Leukefeld, der einen Drei-Jahres-Vertrag erhielt, langfristig planen und auf Olympia 2004 hinarbeiten will – er muss ebenso kurzfristig Erfolge verzeichnen. Denn nicht nur die verpatzte Frauen-WM "hat einen unglaublichen Imageschaden" angerichtet. "Ich sehe mit zwei weinenden Augen, was gerade in Kroatien abläuft." Die deutsche Männerblamage bei der EM ist das zweite Waterloo mit Öffentlichkeitswirkung für den deutschen Handball binnen zweier Monate. Der neue Bundestrainer verschließt nicht den Blick fürs Ganze. Ein Berg von Arbeit für den Bergbautechnologen.

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