Einbruch
in die Männerdomäne
Eine Elfjährige ringt um Akzeptanz
von Thorsten Waterkamp
Das Gesicht der Elfjährigen ist rot vor Anstrengung. Wieder und wieder die gleichen Griffe, wieder und wieder die gleichen Bewegungen. Training eben. Normal. Normal? Nicht unbedingt in einer der klassischten olympischen Sportarten. Elisabeth Willer ist als erste und einzige lippische Ringerin in eine Männerdomäne eingebrochen.

Es war im Herbst 1997, als Elisabeth Willer mit ihrem ringenden Bruder Dimitri zum Training kam und Tuchfühlung aufnahm. „Ich hab' mal zugeguckt und dann mitgemacht“, schildert die Realschülerin ganz unkompliziert die Anfänge. Für Ingo Bazalik war die vermeintliche Selbstverständlichkeit schon erheblich schwieriger. „Ich bin eher konservativ“, räumt der 28-jährige Trainer ein. „Ich halte nicht so viel vom Frauenringen.“

Die Skepsis währte allerdings nicht lang: Der unverhoffte Zuwachs auf der Ringermatte fand sofort Zugang zu den durchweg älteren Jungen. Nicht von ungefähr - schließlich war Elisabeth Willer für ihre Teamkollegen keine Unbekannte: „Ich kenne die doch alle, wir wohnen alle in einer Straße.“ Gelacht habe niemand, als sie mitmachen wollte.

Ingo Bazalik hat früher über das Frauenringen gelacht, als er vor zehn Jahren bei einem Turnier in Skandinavien erstmals Ringerinnen auf der Männermatte sah. Sein heutiger Schützling genießt dagegen Sonderstatus: „Ich finds gut, dass sie das macht. Aber ich musste mich erst 'mal damit anfreunden.“

Inzwischen sind Ringerinnen im Kommen: NRW-weit messen sich rund 200 Frauen und Mädchen, offiziell gibt es die Sparte im Deutschen Ringer-Bund (DRB) seit 1992. Damit hat sich der DRB in puncto Frauensport nicht unbedingt schwerer getan als andere Fachverbände. Die Leichtathletik beispielsweise ließ erst 1990 Stabhochsprung als Wettkampfdisziplin für Frauen zu, und im Deutschen Fußball-Bund, lange die Trutzburg des männlichen Sportchauvinismus' schlechthin, war Frauenfußball bis 1970 ausdrücklich verboten. So datiert das erste Länderspiel erst aus den achtziger Jahren. Die DFB-Frauenelf trat am 10. November 1982 gegen die Schweiz (5:1) an - 104 Jahre nach Gründung des ersten deutschen Fußballklubs.

Ingo Bazalik ist weiterhin skeptisch gegenüber der Frauensportart Ringen, auch wenn Elisabeth Willer sportliche Erfolge dagegen hält. In der Gewichtsklasse bis 40 Kilogramm wurde die Elfjährige Anfang Februar Landesmeisterin weibliche Schüler. Bei den Titelkämpfen in Rheydt sah sich ihr Trainer dennoch in seiner Ablehnung gegenüber dem Frauenringen bestätigt. „Ein Drittel der Mädchen sah nicht mehr wie Mädchen aus - die hatten sich die Haare kurz rasiert. Lisa bindet sich die Haare im Wettkampf nach hinten, eben typisch Mädchen. Und das soll auch so bleiben.“ Während Bazalik das sagt, setzt Elisabeth Willer Griff für Griff an. An ihre Frisur denkt sie nicht...

 

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